background

DAS PROJEKT

Welche Geschichte erzählt ein Bergkäse?

Welche Düfte und Geschmäcker unterscheiden den Almkäse von den im Tal hergestellten Käsesorten? Gibt es einen Unterschied zwischen einem Käse, der aus der Milch von Kühen aus dem Agordino oder aus Kuhmilch aus dem Cadore gemacht wird, welche Geschichte – und hier ist nicht nur die chemische Ableitung gemeint - erzählen die Molkereiprodukte des Alto Bellunese im Vergleich zu denen aus den benachbarten Bergen Osttirols?

"Alpine Käsegenüsse - Die Moleküle des Geschmacks" ist ein wissenschaftliches Projekt, das im Rahmen von Interreg V-A Italien-Österreich - CLLD Dolomiti Live gefördert wurde.
Es untersucht die enge Verbindung zwischen den aus Bergmilch hergestellten Produkten und ihrem Herkunftsgebiet.
Das spezifische Ziel des Projekts ist die chemische Charakterisierung der Käsesorten von den Almen und aus den kleinen Käsereien des Alto Bellunese und Osttirols, um ihre besonderen Merkmale eindeutig zu definieren, ihre organoleptischen und ernährungsphysiologischen Eigenschaften hervorzuheben und Dossiers zur Einzigartigkeit, Rückverfolgbarkeit und Echtheit der Produkte zu erstellen.

background

Einmaliges von "hoch oben"

"Diesen Käse gibt es so nur jetzt und dann nie wieder, und er ist zu einer einmaligen Geschichte geworden. Denn nächstes Jahr, nächste Woche wird er anderes sein". Mirta, malga Pien de Vacia

"Wir geben unseren Kühen kein zusätzliches Futter. Sie fressen nur Gras und Heu. Die Herstellung von Käse ist jeden Tag eine neue Erfahrung, man weiß nie genau, welchen Geschmack er haben wird. Er schmeckt anders, je nachdem ob es geregnet hat, ob die Kuh das beste Gras oder eine bestimmte Blume gefressen hat". Alessandro, malga Livan 

Das Futter auf den Almen sorgt dafür, dass eine große Vielfalt von Aromen und Düften in die Milch und die daraus entstehenden Sennereiprodukte einfließt. Das macht sie, was ihren Geschmack und Duft betrifft, unnachahmlich. Die Hochgebirgsweiden sind von Tal zu Tal verschieden und ändern sich mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Die Käsesorten der Almen sind daher nie gleich, und selbst ein und derselbe Käse ändert sich von Tag zu Tag.

Die Forschungsarbeit

Dass die Unterschiedlichkeit und Veränderlichkeit der wahre Reichtum des Almkäses sind, ist nicht nur ein "Bauchgefühl" sondern auch ein Zeichen für gesunden Menschenverstand: Die Daten selbst bestätigen dies. 

In den Sommern 2018, 2019 und 2020 haben die WissenschafterInnen der CNR-ISP 26 verschiedene Käsesorten (Frischkäse, Mezzano, Stravecchio, geräucherte Käse, mit Schnittlauch, Kräutern oder Kümmel gewürzte Käse) aus Kuh- und Ziegenmilch von 17 Belluneser Bergkäsereien untersucht. 
Die Datenverarbeitung führte zur Identifizierung von mehr als 150 flüchtigen aromatischen Verbindungen. 

Flüchtige aromatische Verbindungen, so genannte Aromen, werden - wie auch Gerüche - über den Geruchssinn wahrgenommen. Beim Essen arbeiten Geruchssinn und Geschmackssinn zusammen, und die Aromen ergänzen daher das Geschmackserlebnis, das wir beim Genuss der verschiedenen Käsesorten haben. Konkret ist es die Gesamtheit der in jedem Käse vorhandenen Verbindungen, die sein aromatisches Profil und damit seinen Geschmack bestimmt.

Käse, der überrascht

Die Produkte, an die wir gewöhnt sind - einschließlich der Milchprodukte -, haben Standardproduktionsketten und Standardgeschmacksrichtungen. Wenn wir einen Käse im Supermarkt kaufen, einen "Marken"-Käse, haben wir die Garantie, dass er immer gleich schmeckt. 
Nicht so bei den Almkäsen. Ihre Geschmacksprofile zeichnen sich durch deutliche Unterschiede aus, sowohl zwischen den Produkten verschiedener Sennereien als auch zwischen denselben Käsen aus unterschiedlichen Produktionsjahren. 

Die Studie hat gezeigt, dass die Unterschiede in den Käseproben durch die Art der verwendeten Milch, das Alter der Käse, die Verwendung lokaler Zutaten und vom Herstellungsgebiet bestimmt werden. Almkäse zum Beispiel verändert seinen Geschmack je nach den Blumen und Gräsern, die die Kühe an dem Tag gefressen haben, an dem ihre Milch gemolken wurde. Die Blumen und Gräser variieren im Laufe der Saison, variieren von Tal zu Tal, variieren von Weidefläche zu Weidefläche. 

Und wir, die wir im August auf die Alm gehen, um frischen Käse zu kaufen, haben die Gewissheit, dass er nicht so sein wird, wie wir ihn erwarten oder wie wir ihn kennen und dass er uns immer überraschen wird.

background

Die Partner

Interreg V Italien-Österreich ist ein Programm der europäischen territorialen Zusammenarbeit, das aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und nationalen öffentlichen Mitteln finanziert wird. Im Rahmen des Programms wird seit Jänner 2016 die von den Partnern Lag Alto Bellunese, Bezirksgemeinschaft Pustertal und der Lag RMO Lienz eingereichte CLLD-Strategie (Community-Led Local Development) umgesetzt. Das ausgewiesene Dolomiti Live-Gebiet umfasst die Regionen Osttirol, Alto Bellunese und das Südtiroler Pustertal. Die Strategie sieht eine enge Zusammenarbeit zwischen den drei Territorien vor, um gemeinsame Projekte zur Entwicklung der grenzüberschreitenden Region zu fördern. Die für den CLLD charakteristische Vorgehensweise besteht darin, die lokalen Akteure in die Programmierungsphase miteinzubeziehen, um ein klares und präzises Bild ihrer Bedürfnisse zu zeichnen und die Planung zu ermöglichen.

Die Projektpartner von "Alpine Käsegenüsse - Die Moleküle des Geschmacks" sind die "Federazione provinciale Coldiretti Belluno", das "Istituto di Scienze Polari del Consiglio Nazionale delle Ricerche" (CNR-ISP) und die Lag "Regionsmanagement Osttirol" (RMO) in Lienz. Das Projekt wurde mit Unterstützung und technischer Hilfe des Gal Alto Bellunese und des Regionsmanagement Osttirol konzipiert und durchgeführt.

Um junge Menschen für regionale Produktionskreisläufe, die Natur und den Wert der Landschaft zu sensibilisieren, hat das RMO die Landwirtschaftliche Lehranstalt Lienz als Kooperationspartner an Bord geholt. Durch den Austausch mit den Partnern im Alto Bellunese, Studytours zu Best Practice Betrieben im Bereich der Milchverarbeitung und zur Agrarfachschule in Felte sollen einerseits Know-how vermittelt und langfristige Beziehungen geknüpft werden. Die SchülerInnen sind nämlich die ProduzentInnen und Akteure von morgen, in die wir investieren müssen.